Die Faszien sind im kollagenen Bindegewebenetzwerk des Menschen zu finden. Bisher waren sie allerdings nicht vielen als dem ganzen Körper Form und Elastizität gebende netzartige Struktur bekannt. Jetzt treten die Faszien aber zunehmend ins Interesse aktueller medizinischer Forschung und internationaler Aufmerksamkeit. Durch die aktuellen Erkenntnisse wird auch der Sport revolutioniert, der bisher in erster Linie auf den Aufbau von einzelnen Muskeln setzte. „Fascia-Fitness“ ist ein Trainingskonzept, das den ganzen Körper anspricht und bei Sportwissenschaftlern für Furore sorgt. Auch die Anwender sind begeistert. Die neue Ausrichtung legt ihr Ziel auf ein gesundes Bindegewebe, das zugleich fest und elastisch ist. Vergleichbar mit einem biegsamen Bambus, einem reißfesten Zugseil und möglichen federnden Bewegungen einer Gazelle. Sehnen und Bänder werden dadurch belastbarer, schmerzhafte Reibereien in Hüfte und Bandscheibe vermieden und die Muskulatur vor Verletzungen geschützt. Zudem hält es den Menschen in jugendlicher und straffer Form und das bei richtigem Training ein Leben lang. Verfilzte adhärente Kollagen-Fasernetze sind im Wesentlichen für die allgemein beklagte Alterssteifigkeit verantwortlich, bei der der elastische Schwung verloren geht. Der Mensch ist so alt wie das Bindegewebe. Wer aber jung bleiben oder wieder werden möchte, der sollte das Bindegewebenetz stärken.
Die Faszien als großes Ganzes
Die Faszien lassen sich in drei Gruppen teilen, oberflächlich, tief und viszeral. Im Unterhautgewebe sind die oberflächlichen Faszien zu finden, die in erster Linie aus lockerem Fasziengewebe und auch aus Fettgewebe bestehen. Sämtliche Organe und Gewebe werden durch sie verbunden, Fett und Wasser gespeichert. Zudem dienen sie als Puffer und machen ein verschieben der Organe möglich. Die tiefen Faszien umschließen jeden einzelnen Muskel, sämtliche Knochen und Gelenke. Sie trennen die einzelnen Muskelfasern und verhindern ein aneinander reiben. Sehnenplatten, Bänder, Sehnen und Gelenkkapseln gehören ebenso zu den tiefen Faszien. Die Viszeralen Faszien sind verantwortlich für die Aufhängung und Einbettung der inneren Organe und des Gehirns. Jedes einzelne Organ hat eine doppelte Faszienschicht als Schutz. Dazu gehören die Hirnhaut des Gehirns, der Herzbeutel des Herzens, das Brustfell der Lunge sowie das Bauchfell.
Faszien können aber verkleben, wodurch das Wohlbefinden massiv beeinträchtigt wird und sie nicht mehr verschiebbar und gleitfähig sind. Auch Lymphgefäße führen neben den Blutgefäßen durch das Fasziengewebe. Die Lymphflüssigkeit transportiert Nährstoffe zu den Zellen hin und Stoffwechselabfallstoffe sowie Schadstoffe von den Zellen weg. Ausschließlich die Muskelbewegung hält den Lymphfluss in Gang, weshalb das Lymphsystem auf eine ausreichende Aktivität der Muskeln angewiesen ist. Bei länger anhaltenden Muskelverspannungen z. B. im Nacken-, Schulter- oder Rückenbereich kann der Lymphfluss durch die fehlende Muskelbewegung deutlich beeinträchtigt werden. Lymphe transportiert u. a. auch den Blutgerinnungsfaktor Fibrinogen, der eigentlich gelöst in der Lymphe vorliegt. Beim Lymphstau aber reichert sich das Fibrinogen im Gewebe an und wird unter Einwirkungen anderer Substanzen zu Fibrin, einem körpereigenen „Klebstoff“, der eigentlich Wunden verschließt. Ist keine Wunde vorhanden, verklebt Fibrin stattdessen das umliegende Fasziengewebe.
Das Faszientraining
Das Fasziengewebe umgibt und verbindet alles im Körper, was für die Leistungsfähigkeit, Prävention und Rehabilitation enorm wichtig ist. Kraftentwicklung und Kraftübertragung werden von einem trainierten und integrierten Fasziennetz beeinflusst und die Bewegung nachhaltig fein abgestimmt. Die Rezeptoren, die über die Meldung der Lage des Körpers im Raum verantwortlich sind, sitzen im Fasziengewebe und nicht in der Nähe der Gelenke. Damit sind die Faszien das größte Sinnesorgan und nicht die Haut. Wer beim Muskeltraining an seine Grenzen gestoßen ist, kann beim gezielten Faszientraining eine noch nicht absehbare Leistungssteigerung erleben. Faszien umgeben jeden Muskel, jedes Organ und jede Bandstruktur und vernetzen damit den gesamten Körper. Laut neuer wissenschaftlicher Untersuchungen haben die Faszien eine große Bedeutung für die Leistungsfähigkeit der Muskeln, die Koordination und für die Propriozeption. Sie verbinden alles mit allem und halten den Körper strukturiert zusammen. Die Geschmeidigkeit und Genauigkeit einer Bewegung werden davon enorm beeinflusst. Gleichzeitig schafft das Fasziennetz aber auch die Voraussetzung Kraft und Schnelligkeit zu erzeugen und es entsprechend auf einzelne Körperteile zu übertragen.
Ein integriertes Faszientraining kann einiges bewirken:
- Leistungssteigerung
- Verletzungsprophylaxe
- Viel mehr Spaß und Abwechslung
Es gibt vier Bereiche im Faszientraining. Das Soft-Tissue Stretching, Rebound Elasticity, Fascial Release und Fluid Refinemen. Soft-Tissue Stretching: Hierbei wird durch einfache Übungen oder kleine Veränderungen von bekannten Dehnungsübungen das gesamte Faszien-Muskel-System optimal angeregt, statt nur einzelner Muskeln. Rebound Elasticity: hohe Effizienz und Förderung der Körperesthetik durch eine Vorspannung des Fasziengewebes. Fascial Release: Bindegewebsstrukturen mit oftmals einer Rolle unter Druck gebracht, geben nach, Verklebungen werden gelöst und die Beweglichkeit und Schmerzverminderung erheblich verbessert. Fluid Refinemen: sinnliches Erleben, die Körperwahrnehmung und deren Verfeinerung.
Faszientraining Ausbildung
In Österreich kann an der Traineracademy die Ausbildung gemacht werden. Dabei handelt es sich um ein 1-tägiges Ausbildungsmodul, in dem fundiertes theoretisches Wissen über Aufbau und Funktion der Faszien vermittelt wird. Anschließend folgt natürlich ein praktischer Teil. Das Ausbildungsmodul wird mit einem Zertifikat zur Faszientrainer/in abgeschlossen.
Auch bei Fascial Fitness kann eine Ausbildung zum Fascial Fitness Trainer absolviert werden. Das Fascial Fitness wird von Herrn Dr. Robert Schleip geleitet. Die Ausbildung richtet sich an Trainer/innen aus den Bereichen Sport, Gymnastik und Fitness und an Therapeuten der somatischen Bewegungsszene. Die Kurzzeit-Weiterbildung umfasst neben einem 2-tägigen Grundkurs einen 2-tägigen Aufbaukurs. Der Nachweis einer abgeschlossenen therapeutischen Ausbildung oder Übungsleiter/Trainer Lizenz, mindestens B-Lizenz, ist Voraussetzung um die Weiterbildung absolvieren zu können.
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